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"Russischer Zigeunertanz" - ein Phänomen

(In unseren Beiträgen wird bewusst die Bezeichnungen  "Zigeunertanz", "Russischer Zigeunertanz" verwendet, da sie dem russischen/polnischen  Pendant entsprechen (Cyganski taniec, Цыганский танец) und im Laufe von Jahrzehnten zum Eigennamen dieses ganz speziellen Bühnentanzes avancierten. Unter russischen und polnischen Romakünstlern selbst, wird der Begriff Roma selten benutzt. Wir handhaben es hier genauso.  Da es sich bei den russischen wie polnischen Zigeunern vor allem um Angehörige von Roma-Gruppen handelt, verwenden wir jedoch beide Bezeichnungen)

 

 

Tänze der russischen und polnischen Roma – Von Indien nach Russland ... Vom Volkstanz zur Bühnenshow

 

Der Osteuropäische RomaBühnentanz verbindet viele TanzElemente aus dem Ursprungsland Indien – wie Schultershimmy, weiche, erzählende Armbewegungen und rhythmische Beinarbeit des Kathak – mit russischem Stepp und russischer Dramatik, der Eleganz des Flamenco sowie dem farbenprächtigen Spiel Volant besetzter Röcke und Tücher. 

Aus dem einst nur familiär gepflegten Tanz (taborny taniec/ (Zigeuner)lagertanz)) ist der Gipsy Show Dance (bekannt als „Russischer Zigeunertanz”) entstanden – ein gefeiertes Bühnenspektakel, das den Spirit seines Ursprungs zelebriert: leidenschaftlich, expressiv und getrieben von der Kraft des eigenen Gefühls ist er für RomaTänzerInnen Ausdruck von Freiheit, Stolz und Gemeinschaft mit den Ihrigen.

Der männliche Part in diesem Tanz blieb weitgehend unberührt von künstlerischen Adaptionen. Wir treffen ihn bis heute in dieser Form überall auf der Welt  auf Familienfesten der Roma an. Der russische Stepp gab ihm einen besonderen Schliff. Der Part der Tänzerinnen allerdings wurde im Rahmen des Einzuges der Roma in die Theatersäle Russlands und später Polens um atemberaubende Spektakel erweitert. Wirbelnder Röcke und Tücher, Radschlag oder  Bodenbrücken und akrobatische Einlagen, wie sie aus KalbélyaTänzen bekannt sind sowie Tanztheatersequenzen mit Gesang und Schauspiel gehören dazu.. Dieser Stil ist unter den Roma einzigartig und wurde von ihnen und ihren FörderInnen speziell für die Bühnenarbeit entwickelt.

Heute tanzen, singen und musizieren professionelle Romaensembles auf der ganzen Welt.  Sie reißen nicht nur ihr Publikum mit, sondern auch nicht-zigeunerische KünstlerInnen, die sich ihnen anschließen oder inspiriert ihre eigene Art von Gipsy Show Dance kreieren ...

 

Katjusha Kozubek

 

Beiträge von Anna Lapina -Schalnova

(Tänzerin, Tanzpädagogin, Verfasserin der tanzethnografischen Publikation "Frei, wild, natürlich?")

 

Zigeunermusiker - die ersten  „Weltmusiker”.

Seit ihren ersten Wanderungen in Richtung Westen haben die Zigeuner, die wahrscheinlich lange vor dem Jahr 1000 aus Indien kamen, permanent ihren unverkennbaren Beitrag zum musikalischen Leben aller Länder wo sie einwanderten, geleistet. Sie sind gleichzeitig Opfer einer primitiven sozialen Ausgrenzung und einer übertriebenen romantischen Darstellung in Literatur und Film. 

Die Roma setzen aber ihren musikalischen Weg fort. Ihre Anziehungskraft ist von den östlichen Mysterien geprägt, besonders von dem des Kâlbelya-Tanzes und des Gesangs der Yogi aus dem Rajastan. Die Yogi, Zauberer und Schlangenbeschwörer – auf Eseln reitende, zeltlose Nomaden, könnten der Ursprung des Roma-Volkes sein. 

Zigeunermusiker haben stets auf ihrer Wanderschaft durch viele Länder und Kulturräume die Eindrücke der typischen Musik aufgenommen und in ihren eigenen Stil auf virtuose Art und Weise eingebracht. So verhalfen sie auch dazu, dass viele ursprüngliche Musikstile nicht vergessen wurden, sondern ihr neues Leben fanden. Diese Musiker wurden so oft zu Vorgängern der heutigen „Weltmusik”. Ihre Tänze und Lieder vermitteln Temperament und Feurigkeit, Leidenschaft und tiefe Emotionen, sowie die lebensbejahende Urkraft.

 

(Text nach Alain Weber, CD Road of the Gypsies – L'Épopée Tzigane)

 

Zigeunerkünstler/innen  in Russland

 

In Russland manifestierte sich das Interesse für die Zigeuner-Musik zur Zeit von Katharina der Grossen. Die Geschichte erzählt, dass der Favorit der Zarin, Graf Orlov, in Moldawien Zigeuner-Musikern zugehört hatte. Dabei war er so hingerissen von ihren Gesängen und Tänzen, dass er ein Ensemble von singenden und tanzenden Musikern unter der Führung von Ivan Trofimov mit nach Hause brachte.

Dieser Entwicklung folgend, mussten auch die Fürsten der damaligen Zeit wie Potemkin, Zubov und andere über ihr eigenes Ensemble verfügen. Und so vermehrten sich von nun an solche Ensembles aus Moldawien und Ukraine zunächst in Moskau und St. Petersburg, und später auch in Kiew, Odessa und Tiflis. Eine regelrechte „Tsiganomanie” erfasste Russland und das goldene Zeitalter für die musizierenden Zigeuner brach ein.

 

Im Laufe des 19. Jahrhunderts konnte man sich keines der Feste und prunkvollen Bälle der Aristokraten, des Bürgertums, der Kaufleute und des Militärs mit ihren Trinkgelagen und Ausschweifungen ohne Zigeuner-Musik vorstellen. Die bedingungslosen Anhänger nannte man „guliaka” und man trank, tanzte, weinte und schrie – oft nächtelang in einer Atmosphäre des Vollrausches, die seitdem von der russischen Zigeuner-Musik verkörpert wird. Auch heute noch werden die Zigeuner-Musiker zu jeder größeren Feier eingeladen und russische „wilde” Feste mit Zigeunern assoziiert. 

 

Nach der Oktoberrevolution von 1917 wurde das Nomadensein verboten und die Zigeuner zwangsweise sesshaft gemacht. Viele Zigeuner-Musiker verließen Russland. Auch die Anhänglichkeit gegenüber ihren aristokratischen Auftraggebern wurde ihnen zur Last gelegt. Allerdings hat die neue Macht in der Sowjetunion auch versucht, die Zigeuner-Kunst zu institutionalisieren. Das Theater „Romen” wurde gegründet – ein erstes von einem Staat finanzierte Theater für Zigeuner-Künstler – das viele berühmte Namen wie Nikolay Slichenko, Lyalya Chernaja, Familien Zhemtschuzhniy, Yanyschev, Lekarev und viele andere hervorbrachte. Sämtliche Theaterstücke sowie Filme wurden mit Zigeunerkünstlern besetzt. Das Repertoire umfasste Stücke zu Themen aus ihrem Leben ebenso wie klassische Werke.

 

(Ouellen:    www.svenko.net , Alain Weber, CD Road of the Gypsies – L'Épopée Tzigane)